Im Juli 2019 ereignete sich rund um die kalifornischen Kanalinseln eine wahrhaft bizarre Serie von Ereignissen. Über mehrere Tage hinweg verfolgten Gruppen von nicht identifizierten Flugkörpern Schiffe der US-Navy, die von dieser einfach als „Drohnen“ oder „UAVs“ bezeichnet wurden, welches eine Untersuchung auf höchster Ebene zur Folge hatte.
Während der abendlichen Begegnungen wurden bis zu sechs Flugkörper gemeldet, die gleichzeitig um die Schiffe herumschwärmten. Die „Drohnen“ sollen längere Zeit unter schlechten Sichtbedingungen geflogen sein und dreiste Manöver über den Kriegsschiffen der Navy, in der Nähe eines sensiblen militärischen Übungsgeländes weniger als 100 Meilen vor Los Angeles, durchgeführt haben. Die daraufhin eingeleitete Untersuchung umfasste Einheiten der Navy, der Küstenwache und des Federal Bureau of Investigation (FBI). Die Vorfälle erhielten große Aufmerksamkeit, auch vom Chief of Naval Operations – der Spitze der Befehlskette der Navy.
The Drive hat die Vorfälle recherchiert und einen hoch interessanten Artikel dazu verfasst – inklusive Ausschnitten aus den Deckslogbüchern der Schiffe, die die Vorgänge detailliert beschreiben: „Multiple Destroyers Were Swarmed By Mysterious ‚Drones‘ Off California Over Numerous Nights – The disturbing series of events during the summer of 2019 resulted in an investigation that made its way to the highest echelons of the Navy„
Im letzten Jahr deckte der Dokumentarfilmer Dave Beaty erste Details über die Ereignisse auf, die sich auf den Zerstörer USS Kidd (DDG-100) der Arleigh Burke-Klasse konzentrierten. Dieser erste Bericht beschrieb eine angespannte Begegnung, die in der Entsendung von Geheimdienstteams an Bord gipfelte.
Neue Dokumente, die „The Drive“ durch Anfragen nach dem Freedom of Information Act (FOIA) erhielt, zeigen nun nicht nur, dass das Ausmaß und die Schwere dieses Vorfalls erheblich war, sondern enthüllen weitere Vorfälle, die sich etwa zur gleichen Zeit ereigneten.
„The Drive“ hat darüber hinaus Hunderte von Gigabyte an Schiffsortungsdaten des Automatischen Identifikationssystems (AIS) ausgewertet, um die Position von militärischen und zivilen Schiffen in diesem Gebiet während dieser seltsamen Serie von Ereignissen forensisch zu rekonstruieren.
Daraus lassen sich mehrere andere Schiffe identifizieren, die sich während der fraglichen Vorfälle in unmittelbarer Nähe befanden, darunter die Zerstörer USS Rafael Peralta, USS Russell, USS John Finn und die USS Paul Hamilton der US Navy. Anschließende FOIA-Anfragen nach den Aufzeichnungen dieser Schiffe ermöglichten es „The Drive“ , ein Gesamtbild der Ereignisse als Ganzes zu erstellen.
Demnach scheinen die Vorfälle mit einer ersten ‚UAV‘-Sichtung von zwei „Drohnen“ durch die USS Kidd gegen 22:00 Uhr in der Nacht des 14. Juli 2019 zu beginnen.
Das Ship Nautical Or Otherwise Photographic Interpretation and Exploitation Team oder „SNOOPIE-Team“ ist ein fotografisches Aufklärungs-Team an Bord, das die Aufgabe hat, unbekannte Kontakte, interessante Ereignisse und andere Objekte von Interesse zu dokumentieren. Mit Consumer-Kameras ausgerüstete Marine-Soldaten agieren hier als eine Art flinkes Spotting- und Event-Recording-Team, das sich schnell an veränderte Bedingungen anpassen kann, während es gleichzeitig festhält, was es mit traditionellen Video- und Fotomethoden sieht. Dies macht offenbar Sinn, obwohl ein mit dem Aegis Combat System ausgerüstetes Schiff wie die USS Kidd über einige der wohl ausgefeiltesten Sensoren der Welt verfügen dürfte.
Augenblicke nach der Sichtung am 14. Juli trat die USS Kidd in einen Zustand eingeschränkter Kommunikation ein, um die operative Sicherheit zu erhöhen, weniger als 10 Minuten nach der Sichtung informierte sie die USS Rafael Peralta über die Situation. Die Logbücher der USS Rafael Peralta zeigen, dass sie gegen 22:00 Uhr ihr eigenes SNOOPIE-Team aktivierte und dass Berichte über weitere Sichtungen von der USS John Finn eintrafen.
Kurz nach der ersten Sichtung wurde ein rotes Blinklicht gesichtet. Ebenfalls wurde ein weißes Licht beschrieben, das über dem Flugdeck des Schiffes schwebte. Diese „Drohne“ musste dabei die Geschwindigkeit des Zerstörers von 16 Knoten erreichen, um eine stabil schwebende Position über dem Hubschrauberlandeplatz des Schiffes zu halten, zudem noch bei schlechten Sichtverhältnissen (weniger als eine Seemeile) und in der Nacht. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Begegnung bereits über 90 Minuten gedauert – deutlich länger als das, was handelsübliche Drohnen normalerweise durchhalten können.
Bei „The Drive“ findet sich eine Karte, die den Seeverkehr rund um die Häfen von Los Angeles und San Diego am 14. Juli zeigt. Laut AIS-Daten waren nur wenige zivile Schiffe in der unmittelbaren Umgebung. AIS ist nicht in allen Fällen zwingend vorgeschrieben und kann ausgeschaltet werden, so dass es möglich ist, dass sich auch andere Schiffe in der Nähe befunden haben könnten. Interessant ist in diesem Zusammenhang sicher noch, dass sich die Vorfälle in der Nähe von San Clemente Island, das im Besitz der US-Marine ist und häufig für militärische Trainings- und Testzwecke genutzt wird, abspielten. Das ist übrigens auch die Gegend, in der es zu den Vorfällen mit den Tic Tac UFOs etc. (Flugzeugträger USS Nimitz und USS Theodore Roosevelt, 2004, 2014 und 2015), wovon die sogenannten Pentagon-UFO-Videos zeugen.
Auch in der folgenden Nacht des 15. Juli 2019 kam es zu weiteren Vorfällen. Diesmal war die USS Rafael Peralta die erste, die die Objekte entdeckte und ihre SNOOPIE-Teams um 20:39 Uhr einsetzte. Um 21:00 sichtete auch USS Kidd die Drohnen und aktivierte erneut ebenfalls ihr SNOOPIE-Team ein. Um 21:20 Uhr vermerkt die USS Kidd einfach „mehrere UAVs um das Schiff herum“. Es folgen weitere Sichtungen, auch Registrierungen durch das „Electro-Optical-Director„-System.
Die Protokolle beschreiben „Drohnen“, die in der Höhe abfallen und sich anscheinend vorwärts und rückwärts, links und rechts bewegen.
Die Besatzung eines vorbei fahrendes Kreuzfahrtschiff teilt der USS Rafael Peralta mit, dass auch sie 5-6 „Drohnen“ sehen und diese nicht von ihrem Schiff stammten. Im Gegensatz zur ersten Nacht fand die zweite Gruppe von Begegnungen näher an der Küste statt.
Insgesamt eine hoch spannende Story! Ich empfehle sehr, bei „The Drive“ weiterzulesen. Dort findet sich nicht nur Fotos vieler Originaldokumente, sondern auch der Bericht der offiziellen Untersuchung dieser Vorfälle. Geklärt sind sie wohl bis heute nicht.